Wird bestellte Ware nicht zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert, kann das nicht nur die Nerven des Käufers strapazieren. Manchmal kann das verspätete Eintreffen der Kaufsache auch einen finanziellen Schaden verursachen, das Vertrauen in den Verkäufer erschüttern oder den Besteller dazu veranlassen, vom Kauf Abstand nehmen zu wollen. Welche Möglichkeiten der Besteller im Falle des Lieferverzugs hat, wann der Verzug überhaupt eintritt und was es dabei zu beachten gibt, zeigen wir hier.
Lieferverzug – das Wichtigste in aller Kürze
- Voraussetzung des Lieferverzugs ist es, dass ein gültiger Vertrag geschlossen wurde und der Verkäufer trotz Mahnung und Fälligkeit schuldhaft nicht geliefert hat
- In bestimmten Fällen kann der Lieferverzug auch ohne Mahnung des Bestellers eintreten
- Der Besteller kann im Falle des Lieferverzugs vom Vertrag zurücktreten oder Schadenersatzansprüche geltend machen
- Der Verkäufer muss die Schäden ersetzen, die durch den Lieferverzug verursacht worden sind
Bestellte Ware kommt nicht an – und nun?
Nicht bei jedem Kauf wird die Kaufsache sofort an den Käufer übergeben. Werden Waren beispielsweise online bestellt oder müssen aus anderen Gründen an den Käufer geliefert werden, wird oft ein bestimmtes Lieferdatum oder auch eine Lieferung innerhalb eines bestimmten Frist (z. B. innerhalb von zwei Wochen) vereinbart.
Erhält der Käufer die gewünschte Ware dann jedoch nicht zum vereinbarten Zeitpunkt, ist das im besten Falle ärgerlich. In manchen Fällen kann die verspätete Lieferung aber auch dazu führen, dass der Besteller kein Interesse mehr an der Kaufsache hat oder ihm sogar ein finanzieller Schaden entsteht.
Um sicherzustellen, dass der Besteller nicht unendlich lange auf bestellte Waren warten oder finanzielle Nachteile hinnehmen muss, ist darum gesetzlich festgelegt, welche Rechte er im Falle des Lieferverzugs hat.
Liefert der Vertragspartner nicht rechtzeitig, ist gesetzlich ein Recht auf Rücktritt vom Vertrag sowie Schadensersatzansprüche vorgesehen. Damit diese Käuferrechte jedoch entstehen können, müssen insbesondere die Voraussetzungen des Lieferverzugs im Sinne des § 286 BGB erfüllt sein.
Die gesetzlichen Voraussetzungen des Lieferverzugs
Bestellte Waren kommen nicht an – das ist ärgerlich und kann den Käufer dazu veranlassen, vom geschlossenen Vertrag zurücktreten zu wollen. In manchen Fällen – etwa, weil die bestellte Ware weiterverkauft werden soll – kann dem Käufer aber auch ein finanzieller Schaden daraus entstehen. Letzteres ist etwa dann denkbar, wenn er ein Ersatzprodukt beschaffen muss.
Um den Käufer im Falle des Lieferverzugs nicht vollkommen schutzlos dastehen zu lassen, hält das Gesetz verschiedene Möglichkeiten bereit, um einen aufgrund des Verzugs entstandenen Schaden zu kompensieren oder sich von dem betreffenden Vertrag ganz lösen zu können. Damit diese Möglichkeiten eröffnet sind, müssen jedoch in erster Linie die Voraussetzungen des § 286 BGB erfüllt sein.
§ 286 legt die Voraussetzung des Lieferverzugs fest und bestimmt, dass Lieferverzug dann eintritt, wenn der Verkäufer trotz eines fälligen Anspruchs und auch auf eine Mahnung des Käufers hin schuldhaft nicht liefert, obwohl er grundsätzlich dazu in der Lage wäre.
Hieraus ergeben sich im Einzelnen folgende Voraussetzungen des Lieferverzugs:
- Fälligkeit des Lieferanspruchs
- Mahnung durch den Käufer oder Entbehrlichkeit der Mahnung
- Vom Verkäufer zu verschuldendes Ausbleiben der Lieferung
Fälligkeit des Lieferanspruchs
Der Verkäufer kann mit einer Lieferung nur dann in Verzug geraten, wenn sie bereits fällig war. Fälligkeit meint dabei gem. 271 BGB, dass der Verkäufer eine Leistung erbringen muss, weil der Käufer dazu berechtigt ist, die Leistung zu fordern. Im Umkehrschluss bedeutet das also: Ist die Lieferung noch nicht fällig, kann der Verkäufer damit auch nicht in Verzug geraten.
Gemäß § 271 BGB ist eine Leistung (also z. B. Übergabe der Kaufsache, Bezahlung) immer sofort bzw. direkt bei Vertragsschluss fällig. Wird etwas bestellt und muss geliefert werden, wird aber üblicherweise ein abweichender Fälligkeitszeitpunkt vereinbart.
Vereinbaren Käufer und Verkäufer, dass ein Kaufgegenstand innerhalb von 2 Wochen geliefert werden soll, ist die Lieferung eben nicht sofort, sondern innerhalb von 2 Wochen fällig. Erst nach Ablauf dieser Zeit kann der Lieferverzug überhaupt eintreten.
Mahnung durch den Verkäufer
Als weitere Voraussetzung für den Eintritt des Lieferverzugs sieht § 286 BGB vor, dass der Verkäufer trotz Fälligkeit und auch auf eine Mahnung des Käufers hin nicht geliefert hat. Es reicht demnach nicht aus, dass die Lieferung trotz Fälligkeit nicht erfolgt ist.
Zusätzlich muss der Käufer den Verkäufer auch durch eine Mahnung erneut zur Lieferung aufgefordert haben. Erst wenn dem Verkäufer die Mahnung zugegangen ist, kann Lieferverzug eintreten.
Die Mahnung ist eine eindeutige Aufforderung des Käufers an den Verkäufer, die fällige Leistung zu erbringen. Sie kann formlos erfolgen und muss nicht unbedingt eine Fristsetzung beinhalten (allerdings ist eine Fristsetzung oft Voraussetzung weiterer Ansprüche und darum empfehlenswert). Sobald die Mahnung dem Verkäufer zugeht, tritt Lieferverzug ein.
Vorlage des Mahnschreibens
Eine Mahnung, die den Lieferverzug auslösen kann, könnte beispielsweise so aussehen:
Meine Bestellung / Kauf vom (Datum)
Vertrags- / Bestellnummer o.Ä.
Sehr geehrte Damen und Herren,
am _______ (Datum) habe ich bei Ihnen _________________ (Warenbezeichnung) bestellt. Eine Lieferung sollte bis zum _______ (Datum) /innerhalb von __ Tagen/Wochen erfolgen.
Die vereinbarte Lieferfrist ist mittlerweile erfolglos abgelaufen. Ich bitte Sie darum, mir die bestellten Waren bis spätestens zum _______ (Datum) zu liefern.
Mit freundlichen Grüßen
(Name)
Theoretisch kann die Mahnung auch mündlich abgegeben werden. Zum Zwecke der späteren Beweisbarkeit ist es jedoch sinnvoll, die Mahnung schriftlich bzw. per E-Mail oder Fax zu versenden.
Ausnahme: Entbehrlichkeit der Mahnung
In einigen Fällen ist es nicht notwendig, den Verkäufer durch eine Mahnung erneut zur Lieferung aufzufordern. Diese Fälle regelt § 286 Abs. 2 BGB und zeigt, unter welchen Voraussetzungen der Lieferverzug auch ohne Mahnung des Bestellers eintritt.
Praktisch relevant sind dabei die Fälle, in denen für die Lieferung ein bestimmtes Kalenderdatum vereinbart war, der Liefertermin sich nach dem Kalender berechnen lässt (z. B. in 2 Wochen) oder der Verkäufer die Lieferung endgültig verweigert.
Das bedeutet: War für die Lieferung ein bestimmtes Datum vereinbart oder der Liefertermin zumindest nach dem Kalender bestimmbar, ist eine Mahnung des Käufers entbehrlich. Zum Eintritt des Lieferverzugs reicht es in diesen Fällen aus, dass der vereinbarte Termin ergebnislos verstreicht.
Gleiches gilt auch dann, wenn der Verkäufer die Lieferung der Kaufsache verweigert. Auch in diesem Fall tritt Lieferverzug ohne Mahnung des Käufers ein.
Verschulden des Lieferverzugs
Lieferverzug kann nur dann eintreten, wenn der Verkäufer das Ausbleiben der Lieferung trotz Mahnung zu verschulden hat. Hat der Verkäufer die Lieferung stattdessen nicht erbracht, weil etwa höhere Gewalt dies verhindert oder der Käufer eine Mitwirkungspflichten verletzt hat, liegt gemäß § 286 Abs. 4BGB gerade kein Lieferverzug vor.
Höhere Gewalt oder Verletzung einer Mitwirkungspflicht: Kann der Verkäufer die Ware nicht liefern, weil Schneemassen die Zufahrt zum Haus des Käufers versperren oder ihm der Besteller die Tür nicht öffnet, kann er dafür nicht verantwortlich gemacht werden.
Welche Rechte hat der Käufer, wenn Lieferverzug vorliegt?
Ist die bestellte Ware nicht zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert worden und liegen die oben genannten Voraussetzungen des Lieferverzugs vor, steht es dem Käufer frei, vom Kaufvertrag zurückzutreten oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung bzw. Ersatz des Verzögerungsschadens einzufordern.
Rücktritt vom Kaufvertrag
Hat der Käufer aufgrund der Verzögerung kein Interesse mehr an einer Lieferung, kann er den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären. Erklärt er den Rücktritt, wird das Vertragsverhältnis so behandelt, als hätte es nie existiert.
Der Verkäufer wird von seiner Lieferpflicht befreit und der Käufer kann keine Lieferung mehr einfordern. Ein eventuell bereits gezahlter Kaufpreis muss den Käufer zurückerstattet werden.
Zu beachten ist dabei jedoch: Selbst wenn eine Mahnung nicht erforderlich ist, um den Lieferverzug auszulösen, muss der Käufer dem Verkäufer hier dennoch meist einmalig eine Nachfrist zur Lieferung setzen. Erst wenn auch diese ergebnislos vergeht, ist er zum Rücktritt berechtigt.
Schreibe einen Kommentar